Mittwoch, Mai 31, 2006

Nachtleben

Mehr ist da nicht raus zu holen, beurteile ich dass was ich im Spiegel sehe. Endgestylt mach ich mich auf den Weg zum Club. Es regnet, in meinem Bauch herrscht Anarchie und so richtig Lust hab ich auch nicht. Aber abgemacht ist abgemacht. Auf dem Weg dort hin kommt mir Jagdbeute entgegen. Jung, dynamisch, gut aussehend und dann noch drei davon. Prima, direkt mal antesten wie mein Marktwert heute steht. Also die Hüften etwas mehr während des Gangs schwingen lassen, Oberkörper gerade aufrichten, verführerischen Blick aufsetzen und die Haare sinnlich nach hinten werfen.
Dann passiert es, mein Absatz hängt wieder im Bürgersteig fest. Diesmal aber hartnäckiger. Ich verliere den Schuh. Nach klasse, ich komme mir vor wie bei einer schlechten Aschenputtel-Verfilmung, nur dass hier das Aschenputtel zur Lachnummer wird. Super gemacht. Ich pul verlegen meinen Schuh aus der Straße und zieh weiter. Der Abend wird immer besser, es ist so ein Club bei dem man demonstrativ erstmal vor der Tür warten muss. Das mein Haarspray absolut gar nicht mit dem Regen harmoniert, scheint hier keinen zu interessieren. Endlich drin, erst mal zur Gardarobe und gekonnt aus dem Mantel schälen. Ha, das Oberteil zeigt Wirkung, Frauen schauen neidisch, Männer schauen erwartungsvoll.
Nix gibt’s. Zunächst ne Runde drehen und meine Leute finden.

Auf der Tanzfläche kann ich drei verschiedene Tanzstile entdecken. Einmal diejenigen die von Fuß zu Fuß hoppen, dabei die Hände in den Taschen haben und gelangweilt gucken. Ganz so, als würde man sie zwingen hier zu tanzen. Dann die „Ich kann alles mitsingen“ die ihre Englischkenntnisse beweisen und pantomimisch das Lied begleiten. Zuletzt die etwas Begabteren, bei denen man ihre Tätigkeit schon eher als tanzen identifizieren kann.

Nach einiger Zeit muss ein Zwischenstop auf der Toilette eingelegt werden. Vor dem Spiegel herrscht Tussialarm. Hier wird geschminkt, gelästert, frisiert und alles zurecht gerückt.
Was guckt die Zicke so? Oh doch sehr sympathisch, sie lobt mein Oberteil. Nette Frisur geb ich ihr wahrheitsgemäß zurück. Frauensolidarität eben. Auf die Titelseite von „EMMA“ kommt man damit nicht, aber man muss sich ja dem Niveau des Umfeldes anpassen. Ich nehm innerlich auch noch die Zicke zurück.

Die Tanzfläche ist so voll und ausschließlich mit den perversen die sich gerne an anderen reiben. Igitt, es war ein Fehler ein ärmelfreies Top anzuziehen. Jetzt reiben die sich auch noch an meiner nackten Haut.
Wenn der mich jetzt noch einmal anrempelt, haut ich dem ein paar in die Fresse. Geht doch, er zeiht nach meinem bösen Blick ab.

Es ist so warm, ich brauch was zu trinken. Braves Oberteil, das Getränk geht auf den netten Mann an der Bar. Was labert der da? Ich versteh kein Wort. Kann aber erkennen dass es wohl um ihn selbst gehen muss, typisch Mann. Also leicht lächeln und nicken. Passt immer. Bevor er zu zutraulich wird, schnell wieder in der Masse verschwinden.

Dorfpomeranzen erkennt man irgendwie immer an ihrer Kleidung. Die da auf der Box kommt garantiert aus dem Gau. Weißes Top das im Ausschnitt zusammengeschnürt wird, schwarze Lederhose, falsche Fingernägel und ein Vogelnest auf dem Kopf.
Oh mein Gott, wie läuft die denn rum? Hat der noch keiner gesagt, dass die zu fette Beine für diesen Einteiler hat? Die hat Zuhause wohl nur ein Spiegel, der das Übel höchstens bis zum Bauchnabel zeigt. Oder ein Fall von grenzenloser Selbstüberschätzung. Könnte auch ein Selbstbewusstsein von hier bis Beirut sein.

Der Heimweg gestaltet sich etwas schwierig, irgendwas stimmt mit dem Boden nicht. Er schwankt. Schwerste Bedingungen. Ich such mir die Bordsteinkante als Peilungslinie und konzentrier mich aufs geradeaus laufen. Weit hab ichs ja nicht. Ich hätt aber doch besser ein Taxi nehmen sollen. Meine Füße tun tierisch weh. Soll ich die Schuhe ausziehen? Der Boden ist bestimmt sau kalt. Ist es schlimmer schmerzvoll den Weg in diesen Schuhen zu absolvieren oder lieber eine Harnröhrenvereiterung aufgrund einer Barfußtour? Ich bin nicht sehr Entscheidungsstark und überleg mir das gründlich bis Zuhause.

2 Kommentare:

Frau Schmidt hat gesagt…

Nana, hast du wieder einen einzigen Cocktail getrunken? :-D :-P

flaschenverteiler hat gesagt…

Für mich sieben Mojitos, aufeinmal gefällt mir dieses Lied so, tanz sogar zum Song von Placebo...