Mittwoch, Mai 17, 2006

Friseurtermin

So früh? denk ich mir, als ich heute morgen wach werd.
Schön, ist mein nächster Gedanke. Heute endlich ein Friseurtermin bei meinem Lieblingsfriseur. Hab ihn liebgewonnen. Geht es euch auch so, dass ihr Sachen ganz schnell lieb gewinnt? Bei mir ist das so.

Bäh, tote-katze-Geschmack im Mund. Erstmal Zähneputzen.
Uhhuh, nee erst mal aufs Klo. Bei mir gibt es glaub ich einen Kippschalter für die Blase. Zack, Blase an Gehirn: da wär was abzugeben. Also erst mal aufs Klo. Dann ist meine Waage auch lieber zu mir. Das ist wichtig, die Waage ergibt die Skala des Wohlbefindens. Haha, heute gehts mir gut.

Kleiderfrage schon beim Zähneputzen klären! Hmm, am liebsten Jogginganzug, nee geht nit. Muss noch arbeiten. Also heute hab ich ja ne schicke Frisur, also volles Tussiprogramm und rein in die Sekretärinnenklamotten. Ganz klassisch. Weiße Bluse, schwarzer ärmelloser Strickpullover drüber. Drunter graue Hose. Hohe Schuhe. Ich bin gern groß. Das schließt schon automatisch die doofen Anmachen von kleinen Italiener aus. Nicht das ich Vorurteile hätte.
Haare hochknoddeln, schminken, Elektroschnickschnack einpacken.

Schickschnack ist ein tolles Wort! Mein Wort der Woche.

Zur S-Bahn, der Weg zum Friseur gestaltet sich schwierig, das Grauen heißt Pflastersteine.
Der Albtraum jedes Pfennigabsatz. Zack: schon passiert, Absatz hängt fest. Beim rausziehen, bleibt Gummi hängen. Na Weltklasse. Bei jedem zweiten Schritt machts "klick". Bab, klick, bab, klick. Der Metallstift macht eine tolle Akustik auf den Plastersteinen. Egal weiter.

Haaah Friseurtermin, toll. Endlich kümmert sich mal jemand um mich. Wollen Sie was trinken? Soll ich ihnen was zum lesen bringen? Pah, lesen ist gut. Blöde Frauenblättchen, in denen man "lesen" kann, wer gerade mit wem, wie die Schminke aussehen soll, die 100. einfachsten Hochsteckfrisuren... pah, klar! "Hochsteckfrisur" und "einfach" in einem Satz.
Alles Schnickschnack, brauch nix. Aber danke der Nachfrage.
Dann die nächste "sie stehen jetzt im Mittelpunkt"-Frage: Was haben wir denn da?
Haare! Sollte man in einem Friseurladen eigentlich mit was anfangen können...
ok, war nur die Willkommensfrage. Schon gehts weiter und das schon schmeichelnder. Ganz so, als ob wir uns schon 10 Jahre kennen... "oh, sind deine Haare aber lang geworden". Ist das eine Anspielung, das ich sie kürzer machen soll? Oder neid? Oder nur eine Feststellung? Pah, als ob die meine Haarlänge vor 3 Monaten noch wüsste. Alles Strategie um Kundenbindung zu fördern. Nach dem Motto "zu Gast bei Freunden". Ich habs durchschaut.

Der übliche Smalltalk. Blödes Wort. Das übliche Geschwätz hört sich auch nicht besser an.

Oha, netter Mann von rechts. "Hallo erst mal!"
Ohje, wie sieht die da denn aus, schwerer Fall von misslungener Dauerwelle.
Soll ich lachen oder Mitleid haben?
Lieber mal nachfragen wie das denn passiert ist. Vielleicht bin ich ja doch beim falschen Friseur? Nee, Eigenversuch. Sachlage geklärt: Ich lache. Ausgiebig!

Alle so nett hier, eine große Familie. Bis nachher, wo sie Geld sehen wollen. So ist das. Alles nur Schauspiel.

Frisch gestylt, in meinen Tussiklamotten und keinen klickenden rechten Absatz, erst mal desinteressiert, wieder über die Pflastersteine zum nächsten Schuhmacher gehen.

Hundeblick! Ist das jetzt gleich machbar? Ha, hat funktioniert, der Mann lässt alles liegen und machts sofort. Bekomm sogar ein Kissen um meine Füße abzustellen. Er brummt, dass sie ja nicht kalt werden brauchen. Recht hat er.

In die S-Bahn, zur Arbeit.
Mit wem redet der da hinten denn? Mit sich selbst. Warum reden die Leute mit sich selbst?
Ok anders gefragt, warum reden sie laut mit sich selbst. Sind diese Leute einsam? Haben die keine zum reden, aber es muss raus? Vielleicht kann ein Mensch ja gar nicht still sein. Wir sind immerhin die einzigsten die sich unterhalten können, vielleicht ist es ja auch ein Zwang. Vielleicht sind die Leute auch nur irre. Ist man auch irre, wenn man leise mit sich redet? Hmm, ich machs ja auch. Stell mir selbst die Frage warum der neben mir so furchtbar nach Leder riecht. Bäh, iss ja eklig.
Was hat der da? Ein Lehrlingsvertrag? Der Ledermuffel ist schon jenseits der 50 und läuft mit nem vergilbten Arzteimittel-Lehrlings-Zettel rum. Komisch ist das.

Da! Schon wieder einer der laut mit sich selbst redet. Nur irre in so na S-Bahn. Am Bahnhof hängen auch nur Gestalten rum. Manche müssten für das was sie anhaben Geld an ihre Mitmenschen zahlen. Schlimm schlimm. Oh die Trulla kenn ich, die war das letzte Mal auch beim meinem Friseur. Eine der "ich-föhn-mich-selbst"-Tarif nehmer. Lächerlich. Oberpeinlich. Und andauernd noch fragen ob in den ganzen Friseurmittelchen irgendwelche Chemikalien drin sind. Nein, natürlich nicht, in denen doch nicht! Kannst es ja mal mit Pferdepisse probieren. Garantiert chemiefrei. Ökotussi. Bah.

Ledermuffel macht sich ganz schön breit. Bestimmt so ein Gestörter, der es mag sich an anderen zu reiben. Zuzutrauen würd ich es ihm ja. Hmm, nebenan ist frei. Soll ich mich dahin sitzen? Ist das unhöflich? Sind ja nur noch 2 Haltestellen.

Ledermuffel gibt nicht auf. Merkt der denn nicht, dass der sich an meinem Oberschenkel reibt? Muss der denn breitbeinig da sitzen? Warum machen Männer das? Ist das Gehänge zu groß oder was? Noch eine Haltestelle. Ich steh schon mal auf. Wehleidiger Blick von Ledermuffel. Doch ein Gestörter. Wusst ichs doch.

2 Kommentare:

Frau Schmidt hat gesagt…

Ui, und ich dachte, ich bin mitteilungsbedürftig! :-) A propos S-Bahn: bei mir war heute die arabische Fraktion mit Anzug, Krawatten und Aktentaschen in geheimer geschäftlicher Mission unterwegs. Es gab keinen Sitzplatz mehr und Warschauer Straße sind dann erst mal ein paar Penner eingestiegen. Die haben sich Deutschland wahrscheinlich irgendwie anders vorgestellt. Ich frag mich ausserdem: wo zum Teufel kamen die her? Die waren ja in Karlshort schon drin (das Neuweiler Berlin's). Das war extrem witzig anzusehen, wie sie alle in einer Reihe standen, alle mit Bart, dunkle Augen, die verwirrt und irgendwie verängstigt hin und her huschten und ständig draussen den Fernsehturm suchten. Am Ostkreuz sind sie dann raus und machen wohl heut mit ihren Geschäftspartnern noch Mittag in einem deutschen Restaurant, wo ihnen später von der Kalbshaxe und dem 0,5er Bier total schlecht wird.

flaschenverteiler hat gesagt…

Tja mit den S-Bahn Geschichten kann ich leider nicht mitreden, ich hatte heut morgen einen Sitzplatz in meinem "kleinen" der mich wie immer sicher zur arbeit brachte :-D Kann auch leider nichts über solche lustige Zeitgenossen berichten wie Ihr zwei, allerdings kann ich wieder mal zum Besten geben wie manche am Strassenverkehr teilnehmen, aber das lass ich mal und sag einfach nur sehr schöne Tussi-Geschichte ;-) weiter so.