Mittwoch, Mai 31, 2006

Nachtleben

Mehr ist da nicht raus zu holen, beurteile ich dass was ich im Spiegel sehe. Endgestylt mach ich mich auf den Weg zum Club. Es regnet, in meinem Bauch herrscht Anarchie und so richtig Lust hab ich auch nicht. Aber abgemacht ist abgemacht. Auf dem Weg dort hin kommt mir Jagdbeute entgegen. Jung, dynamisch, gut aussehend und dann noch drei davon. Prima, direkt mal antesten wie mein Marktwert heute steht. Also die Hüften etwas mehr während des Gangs schwingen lassen, Oberkörper gerade aufrichten, verführerischen Blick aufsetzen und die Haare sinnlich nach hinten werfen.
Dann passiert es, mein Absatz hängt wieder im Bürgersteig fest. Diesmal aber hartnäckiger. Ich verliere den Schuh. Nach klasse, ich komme mir vor wie bei einer schlechten Aschenputtel-Verfilmung, nur dass hier das Aschenputtel zur Lachnummer wird. Super gemacht. Ich pul verlegen meinen Schuh aus der Straße und zieh weiter. Der Abend wird immer besser, es ist so ein Club bei dem man demonstrativ erstmal vor der Tür warten muss. Das mein Haarspray absolut gar nicht mit dem Regen harmoniert, scheint hier keinen zu interessieren. Endlich drin, erst mal zur Gardarobe und gekonnt aus dem Mantel schälen. Ha, das Oberteil zeigt Wirkung, Frauen schauen neidisch, Männer schauen erwartungsvoll.
Nix gibt’s. Zunächst ne Runde drehen und meine Leute finden.

Auf der Tanzfläche kann ich drei verschiedene Tanzstile entdecken. Einmal diejenigen die von Fuß zu Fuß hoppen, dabei die Hände in den Taschen haben und gelangweilt gucken. Ganz so, als würde man sie zwingen hier zu tanzen. Dann die „Ich kann alles mitsingen“ die ihre Englischkenntnisse beweisen und pantomimisch das Lied begleiten. Zuletzt die etwas Begabteren, bei denen man ihre Tätigkeit schon eher als tanzen identifizieren kann.

Nach einiger Zeit muss ein Zwischenstop auf der Toilette eingelegt werden. Vor dem Spiegel herrscht Tussialarm. Hier wird geschminkt, gelästert, frisiert und alles zurecht gerückt.
Was guckt die Zicke so? Oh doch sehr sympathisch, sie lobt mein Oberteil. Nette Frisur geb ich ihr wahrheitsgemäß zurück. Frauensolidarität eben. Auf die Titelseite von „EMMA“ kommt man damit nicht, aber man muss sich ja dem Niveau des Umfeldes anpassen. Ich nehm innerlich auch noch die Zicke zurück.

Die Tanzfläche ist so voll und ausschließlich mit den perversen die sich gerne an anderen reiben. Igitt, es war ein Fehler ein ärmelfreies Top anzuziehen. Jetzt reiben die sich auch noch an meiner nackten Haut.
Wenn der mich jetzt noch einmal anrempelt, haut ich dem ein paar in die Fresse. Geht doch, er zeiht nach meinem bösen Blick ab.

Es ist so warm, ich brauch was zu trinken. Braves Oberteil, das Getränk geht auf den netten Mann an der Bar. Was labert der da? Ich versteh kein Wort. Kann aber erkennen dass es wohl um ihn selbst gehen muss, typisch Mann. Also leicht lächeln und nicken. Passt immer. Bevor er zu zutraulich wird, schnell wieder in der Masse verschwinden.

Dorfpomeranzen erkennt man irgendwie immer an ihrer Kleidung. Die da auf der Box kommt garantiert aus dem Gau. Weißes Top das im Ausschnitt zusammengeschnürt wird, schwarze Lederhose, falsche Fingernägel und ein Vogelnest auf dem Kopf.
Oh mein Gott, wie läuft die denn rum? Hat der noch keiner gesagt, dass die zu fette Beine für diesen Einteiler hat? Die hat Zuhause wohl nur ein Spiegel, der das Übel höchstens bis zum Bauchnabel zeigt. Oder ein Fall von grenzenloser Selbstüberschätzung. Könnte auch ein Selbstbewusstsein von hier bis Beirut sein.

Der Heimweg gestaltet sich etwas schwierig, irgendwas stimmt mit dem Boden nicht. Er schwankt. Schwerste Bedingungen. Ich such mir die Bordsteinkante als Peilungslinie und konzentrier mich aufs geradeaus laufen. Weit hab ichs ja nicht. Ich hätt aber doch besser ein Taxi nehmen sollen. Meine Füße tun tierisch weh. Soll ich die Schuhe ausziehen? Der Boden ist bestimmt sau kalt. Ist es schlimmer schmerzvoll den Weg in diesen Schuhen zu absolvieren oder lieber eine Harnröhrenvereiterung aufgrund einer Barfußtour? Ich bin nicht sehr Entscheidungsstark und überleg mir das gründlich bis Zuhause.

Donnerstag, Mai 25, 2006

Die Klostrategie

Gibt es einen schöneren Ort als in einem frisch bezogenem, kuscheligen Bett zu liegen? Ich liebe mein Bett. Ich habe mein Schlafzimmer so eingerichtet, dass ich dort theoretisch meine Kommandozentrale einrichten könnte. Ich lieg gerade aber nur im Bettchen, um mich von meinem Tobsuchtanfall zu beruhigen. Hatte wieder eine unangenehme Begegnung mit Windows.
Das ich mich für meine faulen Momente in meinem Leben fast entschuldige oder zumindest rechtfertige, grenzt schon an Schizophrenie.
Warum stürzen Programme auch immer dann ab, wenn man gerade mal nicht zwischengespeichert hat? Naja, solange man zum „Beenden“ von Windows erst auf den Start-Button drücken muss, braucht man sich über Bugs nicht zu wundern.
Oh nee, jetzt auch noch ne Nervsack-Attacke. Blöd. Wollt aber sowieso noch Einkaufen gehen.

Warum sind eigentlich alle Gemüseläden in türkischer Hand? Ist das so was wie die türkische Gemüsemafia?
Was die Leute so alles in sich reinstopfen. Dicke Menschen essen meistens dick-mach-Sachen. Die dicken Kinder von Landau sind immer im großen M zu finden. Fällt einem aber auch nur dann auf, wenn man selbst Diät macht. Ich hab mal einen Blog gesehen, indem der Initiator alles fotografiert hat, was er gegessen hat. Wirklich alles. Über Monate hinaus. Interessanter Blog.
Boah, alkoholische Erstickungsgefahr von rechts und das um diese Uhrzeit. Das die Leute in der S-Bahn immer so geil stinken müssen. Steigen gerade die Wasser- und Deopreise?
Apropos Wasser, mein Kippschalter hat wieder zugeschlagen. Weltklasse. Und das mitten in der Stadt. Was solls, muss ich halt zur H&M-Kundentoilette. Ich hab eine Strategie, möglichst Keimfrei von einer öffentlichen Toiletten zu entkommen. Also reinkommen muss man möglichst ohne Berührungen von Türgriff oder ähnlichen. Eine Studie besagt, dass die meisten Frauen, bei drei Toiletten meistens die mittelerste nutzen, am seltensten die an der Tür. Also auf die Türtoilette. Danach lass ich das Klopapier sprechen. Klodeckel (falls noch vorhanden) nur mit Papier aufmachen, natürlich nicht hinsetzten. Außerdem besagt die Studie das die meisten Männer ihr Papier zerknüllen, Frauen dagegen falten ihr Papier. Wobei ich mich immer frage, ob Männer auch für Wasserlassen Papier benötigen. Hab noch nie ein Klopapierhalter neben einem Urinal gesehen. Das heißt, nachdem die DEN angefasst haben, drücken die beherzt auf die Spülung und stecken den einfach so weg? Iss ja eklig.
Nachdem meine Hände gewaschen sind, erst zum Papier greifen und dann erst den Wasserhahn schließen. Mit einem neuen Papier die Hände trocknen und mit einem weiteren Papier die Tür öffnen. Nennt mich verrückt, aber meine Krankenquote spricht für meine Strategie.

Montag, Mai 22, 2006

Fuchs du hast das Huhn gestohlen

Naja, eigentlich zwei. Als mich heute Morgen meine Mama angerufen hatte, musste ich erstmal 2 Minuten lang herausfinden was eigentlich los war. Meine arme Mama, ganz aufgelöst am Telefon, hat bitterlich geweint. Über Nacht hat der Fuchs ihre beiden Hühner gerissen.

Hilde & Mathilde.

Die zwei waren echt putzig. Jedes Mal wenn man den Garten betreten hat, sind sie immer sofort angelaufen gekommen (Fremde wären eher eingeschüchtert gewesen und wären geflüchtet, so schnell wie die sich immer auf einen draufgestürzt haben) und haben sich auf die Füße gesetzt und die Flügel gespreizt. Und wehe du hast sie nicht gestreichelt und dich mit ihnen unterhalten. Dann hat man schmerzhafte Erfahrung mit zwei Hühnchenschnäbeln gemacht.
Geil war auch, wenn man für die zwei Hühner nur einen Wurm hatte. Da haben die zwei an je einem Ende solange gezogen, bis aus einem Wurm zwei wurden, nicht ohne einen Hühnertanz aufzuführen. Jedes Mal lustig.
Naja, jetzt sind sie nimma da. Ich hatte die ehrenvolle Aufgabe die Hühnerreste aufzusammeln. Hühnchen steht mal die nächste Zeit nicht mehr auf dem Speiseplan. Wenn man mal gesehen hat, was so alles in einem Hühnchen drin ist, vergeht es einem schon.
Die Sammelaktion, unterbrochen von Würgreiz, hab ich dann auch ehrenvoll begraben. Prima Sache, muss nicht noch mal sein, aber was tut man nicht alles wenn die Mama weint.

Samstag, Mai 20, 2006

Körpersprache und Musikantenstadl-Opfer

Da sitze ich nun und beobachte die Menschen, die an mir vorbei gehen. Ich liebe es Menschen zu beobachten. Ich mache es täglich und zu jeder Gelegenheit. Ich mache es sogar lieber, als mich mit Menschen zu unterhalten. Am allerliebsten beobachte ich Menschen, die sich nicht beobachtet fühle. Kindern zum Beispiel, könnt ich sehr lange zuschauen. Sie sind so authentisch und handeln so Instinktbehaftet. Dieser eklige Fratz erforscht gerade ausgiebig seine Nebenhöhlen. Bitte steck ihn jetzt nicht auch noch in den Mund… Oder der da, sinnloser Versuch einer Anmache. Die ist ein paar Stufen zu hoch für dich, Junge.

Oh, netter Mann auf Tischsuche. „Gehen sie nicht an Tisch 2, ziehen sie nicht zur Blondine an Tisch 5 und bewegen sie sich schnellstmöglich zu mir.“ Manchen Männern muss man ihre unbewussten Wünsche eben erklären. Auf dezente Art & Weise näher bringen.
Pff, geht doch an einen anderen Tisch. Wer weiß, wo der Mann seine Defizite hat.

Eine Studie besagt: Der erste Eindruck hängt zu 55 Prozent von der Körpersprache, zu 38 Prozent vom Tonfall und nur zu 7 Prozent vom Inhalt der Rede ab.
Das soviel Wert auf nonverbales gegeben wird, hängt bestimmt mit der Kindheit zusammen. Je nach dem welche körperliche Haltung meine Mama eingenommen hat, nachdem sie was erfahren hat, was sie besser nicht erfahren sollte, wusst ich schon „flitz ab“ oder „schnautze halten und lieb gucken“.

Eh, jetzt fängt er ja doch an mit Tisch 5 zu reden. Warum hat er sich jetzt für Tisch 5 entschieden und nicht für mich? Hab ich eine scheiss Körpersprache oder was?

Nach den neusten Forschungsergebnissen verläuft der Prozess des Abcheckens in weniger als 3 Sekunden. Wir selektieren unsere Umgebung in drei Kategorien:

  • auffällig und sympathisch
  • auffällig und unsympathisch
  • unauffällig und uninteressant.

Männer mit folgenden Eigenschaften gehören, laut dieser Studie zu den begehrenswerteren Objekten:

  • überdurchschnittliche Körpergröße (über 1,80m)
  • aufrechte, lockere Körperhaltung
  • Vitalität (lockere, sichere Bewegungen; wacher, neugieriger blick)
  • lächeln
  • Kleidung, die einen höheren sozialen Status andeutet (sportlicher Anzug)
  • gepflegtes Äußeres
  • sichere Gesten und Blickkontakt.

Stimm ich voll und ganz mit ein. Männer achten bei Frauen auf ähnliche Signale. Wobei ich festgestellt habe, dass eine Mischung aus selbstbewusstem Auftreten und Hilfsbedürftigkeit fast immer zieht. Hätt ich mal besser etwas hilfsbedürftig schauen sollen. Was bringt all das Wissen, wenn mans nicht anwendet.
Naja, beobachte ich lieber mal die Leute weiter, es ist erstaunlich welche Paarkonstellationen es gibt. Da der nette Mann mit der Schabracke und da die mondäne mit dem Obermacker. Komisch ist das.
Legt man Männern zwei dutzend Frauenfotos vor und bittet sie, die attraktivste herauszusuchen, so werden fast alle auf dieselben zwei oder drei Traumwesen tippen. Umgekehrt findet man auch bei Frauen mit der gleichen Methode eine hohe Übereinstimmung, wie ein attraktiver Mann aussieht. Schaut man jetzt aber genauer hin, mit was Männern beziehungsweise Frauen in ihrem leben eine Partnerschaft eingehen, so stellt man fest, dass den Personen an ihrer Seite meist dieses attraktive Äußere fehlt.

Worauf achten wir also wirklich, wenn wir nach Männern und Frauen Ausschau halten?
Bloße Schönheit hat eine Tendenz zur Unauffälligkeit. Also Auffallen um jeden Preis?
So wie die da, mit ihrem schwarzen Satan-Outfit? Wohl eher nicht. Ich hab da meine ganz eigene Theorie: Wichtige Bezugspersonen, die uns entscheidende Impulse in der Kindheit gaben, oder uns Maßlos enttäuschten und betrogen haben spielen bei der Partnersuche eine große Rolle. Neue Bekanntschaften, die uns in ihrem Aussehen oder Verhalten an diese Bezugspersonen erinnern, beurteilen wir spontan in ähnlicher Weise. Die Folge: wir suchen oft Partner, die unseren Eltern oder unserer ersten Liebe ähneln (wir wissen dass es sich schrecklich anhört, aber es ist so!) – oder ihr genaues Gegenteil zu sein scheinen. So wie bei der Satansbraut da. Ihre Eltern waren bestimmt Schlagersänger oder Musikantenstadl-Zuschauer. Das wär ne pasple Erklärung.

Donnerstag, Mai 18, 2006

Nervsack, Gähnwilli und das Fräulein vom Amt

150 Kilo lebender Nervsack.
Übelste Bauart, aber passende Beschreibung für meinen oben-drüber-Nachbar. Gepaart mit einem quietschenden Dielenboden und schlechtem Musikgeschmack. Das allein ist ja schon schlimm, aber es wäre nicht mein Nachbar, wenn es nicht noch schlimmer ginge. Er hört nicht nur schlechte Musik - am liebsten in Endlosschleife - nein er singt und tanz auch gerne dazu. Und genau das macht er auch gerade. Weltklasse. Und holla, der ist richtig ausdauernd. Der macht das nit mal so e Stünnsche, nee der hält locker den ganzen Tag durch, mindestens aber die Zeit in der ich im Schlafzimmer bin.
Das jemand der sich soviel bewegt, so fett sein kann ist unglaublich.
Nervsack übertrifft sogar Gähnwilli, mein unten-drunter-Nachbar. Gähnwilli heißt so, weil er gerne und ausgiebig laut gähnt. Frau Schmidt hat das auch schon selbst miterlebt. Gerne haben wir ein spontanes Gähnkonzert im Treppenhaus veranstaltet, als uns Gähnwilli begegnet ist. Gähnwilli macht nicht nur seltsame Geräusche als allabendliche und morgendliche Oralübung, nein, er hat auch noch – und das kann man ihm in seinem alter hoch anrechnen – lautstarken Sex. Es hört sich eher wie ein in den letzten Atemzügen liegendes Vieh, aber eindeutig als Sex erkennbar, somal der Bettkasten arg an der Wand klappert.

Nervsack steht auch gerne um 6 Uhr früh auf, nicht ohne musikalischer (oder wie auch immer man das nennen kann) Rahmenbedingung. Wenn dann noch Gähnwilli mit Frau Gähnwilli um die gleiche Zeit beschließt Sex zu haben, ist es ein morgen wie der heutige und für mich spätestens Zeit aufzustehen.

In der S-Bahn wieder nur überreife Unterprimaten. „Passä mal auf du“ begrüßt mich etwas. “sagst du uns schnell, wie viel da drauf passt?“ sprachs und zeigt auf einen iPod. „Wie schnell solls denn sein und im Übrigen: ich pass immer auf, brauchst mich nicht extra dazu auffordern.“ Soviel Spontanität zeig ich selten zu sona frühen Stunde. Recht stolz tappe ich zur Arbeit. Unter unserem Stockwerk war früher mal ein Amt, ist jetzt aber umgezogen. Nicht ohne an sämtlichen Eingängen und Briefkästen riesen Hinweisschilder da zu lassen. Gerade als ich mit der Besteigung der „Treppe des Totes“ begonnen habe, fragt mich ein etwas ältere Mann, ob hier das Amt sei. Ja seh ich auf wie das Fräulein vom Amt oder was? Kann der nicht lesen oder eins der DIN A minus 4 Plakate nicht gesehn?
Nur Deppen am Start.
Nach kurzer Überlegung bleib ich dann doch höflich und weise auf den Umzug hin und will weiter gehen. Wo er denn jetzt hin soll? Mann mann mann. Er hat die letzten 50 Jahre überlebt, dann wird er wohl noch weiterleben, wenn ich einfach mal weiter geh. Oben angekommen, beschließe ich, bei dem Nachhauseweg doch mal den Fahrstuhl zu benutzen. Aber auch dann werd ich nicht verschont. Vor mir der Oberdepp des Tages. Beide Knöpfe am Fahrstuhl gedrückt. Da könnt ich ja ausrasten.
Was soll das denn? Kann er sich nicht entscheiden wo er hin will oder was?
Kurz mal überlegen, ob ich ihm eine Anleitung für Fahrstuhlknöpfe geben soll. Aber da kommt die ausgleichende Gerechtigkeit, der Fahrstuhl kommt, mit blickendem oberem Knöpfchen. Hähä, los steig ein, Oberdepp. Guck auch noch ganz bedeppert weil ich nicht einsteige. Hihi, welch Wohltat den Oberdepp sein doofes Gesicht zu sehen, als er mich vom oberen Stockwerk wieder abholen kommt.

Mittwoch, Mai 17, 2006

Friseurtermin

So früh? denk ich mir, als ich heute morgen wach werd.
Schön, ist mein nächster Gedanke. Heute endlich ein Friseurtermin bei meinem Lieblingsfriseur. Hab ihn liebgewonnen. Geht es euch auch so, dass ihr Sachen ganz schnell lieb gewinnt? Bei mir ist das so.

Bäh, tote-katze-Geschmack im Mund. Erstmal Zähneputzen.
Uhhuh, nee erst mal aufs Klo. Bei mir gibt es glaub ich einen Kippschalter für die Blase. Zack, Blase an Gehirn: da wär was abzugeben. Also erst mal aufs Klo. Dann ist meine Waage auch lieber zu mir. Das ist wichtig, die Waage ergibt die Skala des Wohlbefindens. Haha, heute gehts mir gut.

Kleiderfrage schon beim Zähneputzen klären! Hmm, am liebsten Jogginganzug, nee geht nit. Muss noch arbeiten. Also heute hab ich ja ne schicke Frisur, also volles Tussiprogramm und rein in die Sekretärinnenklamotten. Ganz klassisch. Weiße Bluse, schwarzer ärmelloser Strickpullover drüber. Drunter graue Hose. Hohe Schuhe. Ich bin gern groß. Das schließt schon automatisch die doofen Anmachen von kleinen Italiener aus. Nicht das ich Vorurteile hätte.
Haare hochknoddeln, schminken, Elektroschnickschnack einpacken.

Schickschnack ist ein tolles Wort! Mein Wort der Woche.

Zur S-Bahn, der Weg zum Friseur gestaltet sich schwierig, das Grauen heißt Pflastersteine.
Der Albtraum jedes Pfennigabsatz. Zack: schon passiert, Absatz hängt fest. Beim rausziehen, bleibt Gummi hängen. Na Weltklasse. Bei jedem zweiten Schritt machts "klick". Bab, klick, bab, klick. Der Metallstift macht eine tolle Akustik auf den Plastersteinen. Egal weiter.

Haaah Friseurtermin, toll. Endlich kümmert sich mal jemand um mich. Wollen Sie was trinken? Soll ich ihnen was zum lesen bringen? Pah, lesen ist gut. Blöde Frauenblättchen, in denen man "lesen" kann, wer gerade mit wem, wie die Schminke aussehen soll, die 100. einfachsten Hochsteckfrisuren... pah, klar! "Hochsteckfrisur" und "einfach" in einem Satz.
Alles Schnickschnack, brauch nix. Aber danke der Nachfrage.
Dann die nächste "sie stehen jetzt im Mittelpunkt"-Frage: Was haben wir denn da?
Haare! Sollte man in einem Friseurladen eigentlich mit was anfangen können...
ok, war nur die Willkommensfrage. Schon gehts weiter und das schon schmeichelnder. Ganz so, als ob wir uns schon 10 Jahre kennen... "oh, sind deine Haare aber lang geworden". Ist das eine Anspielung, das ich sie kürzer machen soll? Oder neid? Oder nur eine Feststellung? Pah, als ob die meine Haarlänge vor 3 Monaten noch wüsste. Alles Strategie um Kundenbindung zu fördern. Nach dem Motto "zu Gast bei Freunden". Ich habs durchschaut.

Der übliche Smalltalk. Blödes Wort. Das übliche Geschwätz hört sich auch nicht besser an.

Oha, netter Mann von rechts. "Hallo erst mal!"
Ohje, wie sieht die da denn aus, schwerer Fall von misslungener Dauerwelle.
Soll ich lachen oder Mitleid haben?
Lieber mal nachfragen wie das denn passiert ist. Vielleicht bin ich ja doch beim falschen Friseur? Nee, Eigenversuch. Sachlage geklärt: Ich lache. Ausgiebig!

Alle so nett hier, eine große Familie. Bis nachher, wo sie Geld sehen wollen. So ist das. Alles nur Schauspiel.

Frisch gestylt, in meinen Tussiklamotten und keinen klickenden rechten Absatz, erst mal desinteressiert, wieder über die Pflastersteine zum nächsten Schuhmacher gehen.

Hundeblick! Ist das jetzt gleich machbar? Ha, hat funktioniert, der Mann lässt alles liegen und machts sofort. Bekomm sogar ein Kissen um meine Füße abzustellen. Er brummt, dass sie ja nicht kalt werden brauchen. Recht hat er.

In die S-Bahn, zur Arbeit.
Mit wem redet der da hinten denn? Mit sich selbst. Warum reden die Leute mit sich selbst?
Ok anders gefragt, warum reden sie laut mit sich selbst. Sind diese Leute einsam? Haben die keine zum reden, aber es muss raus? Vielleicht kann ein Mensch ja gar nicht still sein. Wir sind immerhin die einzigsten die sich unterhalten können, vielleicht ist es ja auch ein Zwang. Vielleicht sind die Leute auch nur irre. Ist man auch irre, wenn man leise mit sich redet? Hmm, ich machs ja auch. Stell mir selbst die Frage warum der neben mir so furchtbar nach Leder riecht. Bäh, iss ja eklig.
Was hat der da? Ein Lehrlingsvertrag? Der Ledermuffel ist schon jenseits der 50 und läuft mit nem vergilbten Arzteimittel-Lehrlings-Zettel rum. Komisch ist das.

Da! Schon wieder einer der laut mit sich selbst redet. Nur irre in so na S-Bahn. Am Bahnhof hängen auch nur Gestalten rum. Manche müssten für das was sie anhaben Geld an ihre Mitmenschen zahlen. Schlimm schlimm. Oh die Trulla kenn ich, die war das letzte Mal auch beim meinem Friseur. Eine der "ich-föhn-mich-selbst"-Tarif nehmer. Lächerlich. Oberpeinlich. Und andauernd noch fragen ob in den ganzen Friseurmittelchen irgendwelche Chemikalien drin sind. Nein, natürlich nicht, in denen doch nicht! Kannst es ja mal mit Pferdepisse probieren. Garantiert chemiefrei. Ökotussi. Bah.

Ledermuffel macht sich ganz schön breit. Bestimmt so ein Gestörter, der es mag sich an anderen zu reiben. Zuzutrauen würd ich es ihm ja. Hmm, nebenan ist frei. Soll ich mich dahin sitzen? Ist das unhöflich? Sind ja nur noch 2 Haltestellen.

Ledermuffel gibt nicht auf. Merkt der denn nicht, dass der sich an meinem Oberschenkel reibt? Muss der denn breitbeinig da sitzen? Warum machen Männer das? Ist das Gehänge zu groß oder was? Noch eine Haltestelle. Ich steh schon mal auf. Wehleidiger Blick von Ledermuffel. Doch ein Gestörter. Wusst ichs doch.